Westfalenpost
12.07.2024, 12:38 Uhr • Lesezeit: 4 Minuten
Nachdem Anfang des Jahres die Metzgerei Steinhoff schloss, verschwindet aus Heggen nun ein weiteres Geschäft – samt Post- und Lottostelle. Der Verlust der Metzgerei Steinhoff, die Ende Januar in Heggen ihre Türen schloss, tat etlichen Bürgern aus dem etwa 2700 Einwohner zählenden Dorf weh. Um sich mit Wurst oder Fleisch einzudecken, fahren sie nun nach Plettenberg oder Finnentrop. Nun steht den Einwohnern aus Heggen der nächste Abschied bevor und der Ort verliert erneut ein wichtiges Geschäft: Ende September ist für Martina Kramer (66), die gemeinsam mit ihrem Sohn Julian (30) sowie mit zwei Aushilfen das Schreibwaren-Geschäft an der Hollenbocker Straße wenige Meter von der Kirche entfernt betreibt, nach zehn Jahren Schluss.
„Dieser Schritt tut mir sehr weh, der Laden ist und war mein Herz“, bedauert die Einzelhändlerin. Doch ihr Alter und gesundheitliche Gründe zwingen die 66-jährige Betreiberin, die in Ennest lebt und jeden Tag von morgens bis abends in ihrem Laden steht, nun die Reißleine zu ziehen. Weil sie keine geeignete Nachfolge-Lösung fand – für ihren Sohn Julian ist es keine Option, das mütterliche Geschäft weiterzubetreiben –, wird das Licht am 30. September ausgeknipst.
Poststelle und Lotto-Laden
Neben dem Alter und der Gesundheit kommt laut Martina Kramer hinzu, dass sich der Laden, in dem die Post- und Lottostelle untergebracht ist, nicht mehr so rechne wie noch vor Jahren. „Es ist weniger geworden“, bedauert sie. Nicht zuletzt das Aus der Metzgerei habe auch ihren Umsatz weiter sinken lassen. „Früher sind die Leute erst zum Bäcker, dann zum Metzger und dann zu uns gegangen, um Lotto zu spielen oder ihre Zeitung zu kaufen“, weiß die Einzelhändlerin, dass sich die Zeiten geändert haben. Ein anderes Beispiel: Die Kramers haben Schul- und Bürobedarf in ihrem Sortiment, auch hier spüren sie einen deutlichen Rückgang. „Früher haben die Kinder ihre Bleistifte noch bei uns gekauft, heute besitzen sie alle Tablets und brauchen keine Stifte mehr“, plaudert die Betreiberin aus dem Nähkästchen. Verlieren werden die Heggener auch die beliebte Süßigkeiten-Theke der Kramers, zu kaufen gibt es in dem Geschäft zudem Zeitschriften, Deko oder Tabak. Nicht zu vergessen ist die Reinigungsannahme. Dies alles wird es bald nicht mehr geben.
„Viele Kunden von uns wissen noch gar nicht, was sie machen sollen, wenn wir weg sind“, weiß Julian Kramer, dass die bevorstehende Schließung vor allem den älteren Stammkunden wehtun wird. „Wenn man älter wird, ist man auf solche Geschäfte ein Stück weit angewiesen“, betont auch Peter Schmitz, der in Heggen lebt und für die SPD im Gemeinderat sitzt. „Da war man mit einem Katzensprung da.“ Doch auch Schmitz weiß, dass sich der Trend nicht aufhalten lasse und immer mehr Geschäfte aus den Dörfern verschwinden. „Damals hatten wir drei Bäckereien hier und weitere Lebensmittelläden, so richtige Tante-Emma-Geschäfte – und die haben alle gelebt“, erinnert sich Schmitz. Doch diese Zeiten sind lange vorbei.
Vorbei ist es in wenigen Wochen auch für Martina Kramer und ihren Sohn Julian, der noch nicht weiß, wie es beruflich für ihn ab Herbst weitergeht. Im Oktober gönnt sich Martina Kramer nach ewig langer Zeit mal wieder einen Urlaub, „um den Kopf einfach freizubekommen“, wie sie sagt. Denn der Abschied aus ihrem Schreibwaren-Geschäft fällt der 66-Jährigen alles andere als leicht. Doch der Schritt sei unumgänglich. Und so verliert der Ort Heggen nach seiner Metzgerei nun auch sein Schreibwaren-Geschäft.